Auswertung

Psychologische Auswertung​

Lern- und Arbeitspsychologische Grundlagen

Lern- und Arbeitspsychologische Grundlagen

“Marktveränderungen sowie Produkt- und Prozessinnovationen erfordern Mitarbeiter und Führungskräfte, die ihre Kompetenzen in kontinuierlichem, selbstorganisiertem Lernen in der Arbeit entwickeln und einsetzen.”
(Sonntag, Stegmaier, Schaper & Friebe, 2004 [S. 104-105])

Grundlegende Lernprinzipien

WiseLab basiert auf psychologischen Lernprinzipien und orientiert sich u.a. an der Information Processing Theory nach Miller (1956) und dem Multi Store Model of Memory nach Atkins und Shiffrin (1968). Miller (1956) stellte fest, dass das menschliche Gehirn kurzzeitig nur in der Lage zur Verarbeitung von fünf sogenannten Chunks, jegliche Form von Wissenseinheiten, ist. Individuell schwankt diese Zahl um plus bzw. minus zwei Einheiten.

WiseLab ist daher so konzipiert, dass es dem Lernenden exakt so viele Informationen zur Verfügung stellt, wie er aktuell verarbeiten kann. In diesem Sinne werden pro Lerneinheit nur fünf Wissenseinheiten präsentiert. Das so im Arbeitsgedächtnis zwischengelagerte Wissen wird sowohl im Arbeitsalltag als auch durch die Applikation erneut abgerufen.
Dieser Prozess, der in Form einer Wiederholungsschleife im Multiple Store Model integriert ist, ist notwendig, um das erworbene Wissen zu festigen, wobei es zu einem Übergang ins Langzeitgedächtnis kommt, von wo es dann jederzeit abrufbar ist (Atkins & Shiffrin, 1968) (s. Abbildung 1). 

Abbildung 1 : Multiple Store Model of Memoryund Wirkorte von WiseLab im Gedächtnisprozess

Darüber hinaus bietet die Darreichung der Lerninhalte in kleinsten Lernschritten, wie es WiseLab vornimmt, den Vorteil, dass dem Lernenden durch die erfolgreiche Bearbeitung das Gefühl einer erfolgreichen Aufgabenbewältigung vermittelt wird.
Hierdurch wird er schrittweise zur Erreichung der operationalisierten Lernziele, beispielweise der Erarbeitung eines kompletten Themenkomplexes, geleitet. Diese Erkenntnis geht zurück auf behavioristische Partialtheorien, wie beispielsweise Thorndike’s „law of effect“, wonach erfolgreiches Verhalten eher gelernt wird, als solches, welches nicht durch erfolgreiche Bewältigung belohnt wird (Euler, 1994).

Relevante Bedingungen von Lernen in der Arbeit

WiseLab entspricht darüber hinaus den von Franke (1999) aufgestellten, und in vielen weiteren Studien belegten, Kriterien als relevante Bedingungen von Lernen in der Arbeit:

    • 1. Problemerfahrung, die die Komplexität der Erfahrungen und das Ausmaß von Denkprozessen in der konkreten Arbeit aufnimmt. Da das Unternehmen die alleinige Handhabe über das zu erlernende Wissen inne hat, ist es mit WiseLab möglich, ausschließlich für die Mitarbeiter relevantes Wissen zu vermitteln, welches in Umfang und Komplexität an die Anforderungen der jeweiligen Arbeitsaufgabe angepasst ist. Darüber hinaus wird die individuelle Lernerfahrung des Einzelnen durch Wiederholung falsch beantworteter Fragen berücksichtigt.
    • 2. Handlungsspielraum, der Auskunft gibt über die Freiheitsgrade in der Arbeit und damit über die unterschiedlichen Möglichkeiten kompetent zu handeln. Durch das mit WiseLab vermittelte Wissen, können die Kompetenzen der Mitarbeiter gestärkt und ausgebaut werden, wodurch neue Möglichkeiten zur Erweiterung von Handlungsspielraum innerhalb der Arbeit entstehen.
    • 3. Zentrierte Variabilität, die sich auf die Bearbeitung von Aufgaben mit gleicher Grundstruktur aber unterschiedlichen Realisierungsbedingungen bezieht und damit hohe Veränderungsmöglichkeiten in der Arbeit anzeigt. WiseLab umfasst die gleichen Inhalte und damit dieselbe Grundstruktur, wie das von den Mitarbeitern bereits während ihrer Schul- und Berufsausbildung, sowie beruflichen Weiterbildungen, erworbene Wissen. Durch die variable Präsentation in Form von Multiple-Choice-Fragen, lassen sich diese Inhalte jedoch einfach auf unterschiedliche Kontexte beziehen, wodurch den Lernenden unterschiedliche Realisierungsbedingungen aufgezeigt werden können, welche sie anschließend in ihren Arbeitsalltag einbeziehen können.
    • 4. Integralität, die ganzheitliche Aufgaben im Sinne einer “vollständigen Handlung” erfasst. Obwohl WiseLab mit fünf Fragen pro Block einen geringen Zeitaufwand beansprucht, stellt jeder Block eine für den Mitarbeiter vorhersehbare und abgeschlossene Handlung dar.
    • 5. Soziale Unterstützung, die Kommunikation, Anregungen, Hilfestellungen mit und durch Kollegen erfasst. Durch die kurzen Fragensequenzen und die einfache Darreichung in Form von Multiple-Choice-Fragen werden dem Mitarbeiter Impulse zu einzelnen Themen gegeben, welche auch nach Beendigung des Programms, kognitiv weiterverarbeitet werden. WiseLab soll diese Phase der kognitiven Verarbeitung anstoßen und somit Anregung und Motivation zum Austausch über die gelernten Inhalte unter Kollegen darstellen.
    • 6. Individualisierung, die Aufgaben in Beziehung zum Entwicklungsstand des Einzelnen setzt. Da das Programm automatisch die vom Mitarbeiter falsch beantworteten Fragen erneut präsentiert, ist mit WiseLab eine Individualisierung der Inhalte an die Lernerfahrung und -entwicklung des Einzelnen gegeben.

    • 7. Rationalität, die eine Einordnung in die Entwicklungsstufen nach dem Modell von Dreyfus und Dreyfus (1987) vom Novizen bis zum Experten vornimmt. Durch die vom Unternehmen festgelegten Inhalte, lassen sich mit WiseLab Mitarbeiter auf unterschiedlichen Ebenen fördern.

Wissenstransfer in den Arbeitsalltag

In ersten Studien von Rouiller und Goldstein (1993, nach Tracey et al.,1995) und Tracey et al. (1995), konnte gezeigt werden, dass ein lernförderliches Klima und eine auf kontinuierliches Lernen ausgerichtete Lernkultur den Wissenstransfer an den Arbeitsplatz unterstützen.
Eine kontinuierliche Lernumgebung ist dabei definiert als der Grad in dem Wissen und Fähigkeiten durch soziale und arbeitsbedingte Beziehungen unterstützt werden (Dubin, 1990, nach Tracey et al., 1995). WiseLab trägt durch die vom Unternehmen sichergestellte Relevanz der Lerninhalte und durch zum sozialen Austausch anregenden Impulse maßgeblich zu einem solchen Lernklima bei. Darüber hinaus lässt sich die Applikation durch die kurzen Einheiten, in denen WiseLab Wissen präsentiert, kontinuierlich anwenden.
Somit wird sichergestellt, dass das vermittelte Wissen fortwährend abgerufen wird, wodurch die Anwendung im Arbeitsalltagzusätzlich erleichtert wird.


Ein weiterer Aspekt, den Tracey et al. (1995) in ihrer Studie hervorheben konnten, ist der, dass neues Wissen und Verhalten vor allem dann in den Arbeitsalltag transferiert wird, wenn Mitarbeit den Eindruck haben, dass Lernen vom Unternehmen im Allgemeinen als wichtig betrachtet und wertgeschätzt wird.
Somit trägt bereits der Einsatz eines Programms wie WiseLab im Unternehmen dazu bei, dass Mitarbeiter das erworbene Wissen mit größerer Wahrscheinlichkeit anwenden.

Vorteile computergestützten Lernens

„Flexible, computergestützte Instruktionssysteme ermöglichen in Verbindung mit audiovisuellen Medien vielfältiges Lernen und Wissenserwerb.“ (Sonntag, 2002 [S.65]) In seiner momentanen Form ist WiseLab als einfaches Trainingssystem zu betrachten, welches in erster Linie zur Verfestigung und Vertiefung bereits vorhandenen Wissens dient.

Bei komplexen, bzw. handlungsspezifischen Problemen, stößt das System allerdings an Grenzen. Jedoch kann mithilfe der Lernkontrolle durch die Unternehmensführung konkreter Entwicklungsbedarf aufgedeckt werden, welcher komplexeren Trainingssystemen bedarf, und welcher anschließend systematisch in Weiterbildungsmaßnahmen aufgegriffen werden kann.


Weitere Vorteile des computergestützten Lernens konnten Kulik, Kulik und Cohen (1980, nach Euler, 1994) in einer Metanalyse aufzeigen. Computergestütztes Lernen erwies sich im Vergleich zur konventionellen Wissensvermittelung als leicht überlegen. Zugleich fand sich eine positivere Einstellung der Teilnehmer gegenüber der Lernmethode sowie den Lerninhalten. Ähnliche Ergebnisse lieferte eine weitere Metaanalyse von Kulik, Bangert und Williams (1983, nach Euler, 1994).
Auch andere Studien belegen, dass die Arbeit mit computergestützten Systemen aufgrund der positiveren Einstellung bezüglich des Mediums im Vergleich zur herkömmlichen Wissensvermittlung, die Akzeptanz der Lerninhalte fördert. Außerdem wird nachweislich weniger Zeitaufwand benötigt um gleiches Wissen zu vermitteln (Euler, 1994).

Lernkontrolle

„Personale Förderung ist wenig effektiv, wenn sie unsystematisch, ad-hoc und planlos betrieben wird. Ohne eine fundierte Bedarfserfassung […], ohne ausreichende Effektkontrolle, bleibt Personalentwicklung suboptimal.“ (Sonntag, 2002 (S.61)
WiseLab ist daher so konzipiert, dass die Unternehmensführung Einblick und Überblick über den Lernfortschritt, sowie Kompetenz- und Wissendefizite ihrer Mitarbeiter erhält. Somit lassen sich Fördermaßnahmen effektiv und systematisch an den aktuellen Bedarf anpassen.
Darüber hinaus lassen sich mit WiseLab die in Fortbildungsmaßnahmen vermittelten Fertigkeiten nach Abschluss der eigentlichen Förderung überprüfen und vertiefen. Auf diese Weise werden dem Betrieb zur Verfügung stehenden Fortbildungsressourcen optimal nutzbar.

Extrinsische Motivation

„Die leistungssteigernde Wirkung extrinsischer Motivation wird von keiner Motivationstheorie bestritten. Einer der am besten dokumentierten Befunde der psychologischen Literatur besagt, dass die Kopplung eines Verhaltens mit einem Verstärker die zukünftige Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens erhöht.
(Frey & Osterloh, 1997 [S. 314])
Aus diesem Grund enthält WiseLab optional die Möglichkeit ein Bonussystem in das Programm zu integrieren. Ein solcher extrinsischer Anreiz erhält die Motivation der Mitarbeiter und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass diese das gewünschte Lernverhalten auch langfristig zeigen.

M.Sc. Psychologie, Ina Schmiedel

Literatur

Atkinson, R. C., & Shiffrin, R. M. 1968.Human memory: A proposed system and its control processes. In Spence, K. W., & Spence, J. T. The psychology of learning and motivation (Volume 2).New York: Academic Press. pp. 89–195.

Euler, D. 1994. (Multi)mediales Lernen – Theoretische Fundierungen und Forschungsstand. Unterrichtswissenschaft, 22 (4), 291 – 311.

Hubert L. Dreyfus und Stuart E. Dreyfus: Künstliche Intelligenz, Hamburg 1987 Franke, G. Erfahrung und Kompetenzentwicklung. In: Dehnborstel, P. u.a. (Hrsg.): Erfahrungslernen in der Beruflichen Bildung – Beitraege zu einem kontroversen Konzept. Neusäß 1999, S.54-70

Frey, B.S., &Osterloh, M. 1997. Sanktionen oder Seelenmassage? Motivationale Grundlagen der Unternehmensführung.Betriebswirtschaft Stuttgart, 57, 307-321.

Miller, G. 1956. The magical number seven, plus minus two: Some limits for our capacity for processing information.The Psychological Review, 63, 81-97.

Sonntag, K. 2002. Personalentwicklung und Training – Stand der psychologischen Forschung und Gestaltung. Zeitschrift fuer Personalpsychologie, 2, 59-79.

Sonntag, K., Stegmaier, R., Schaper, R., Friebe, J. 2004. Dem Lernen im Unternehmen auf der Spur: Operationalisierung von Lernkultur. Unterrichtswissenschaften, 32, 104-127